Transformation

„Mitarbeiter brauchen keine Vorgaben, wo und wann sie arbeiten.“

Mehr Eigenverantwortung, Auswahl und Freiheit. Bei Novartis wurde schon vor Beginn der Pandemie die Führungsphilosophie weltweit auf den Kopf gestellt

Autor: Thorsten Firlus8. Dezember 2021Illustration von Christine Oymann

Mehr Eigenverantwortung, mehr Auswahl, mehr Freiheit. Beim Pharmakonzern Novartis wurde schon vor Beginn der Pandemie die Führungsphilosophie weltweit auf den Kopf gestellt – möglich ist das dank moderner Kommunikation.

Unbossed. Ein Wort, das in den Ohren vieler Menschen so schön klingt wie Musik, die unter dem Label „unplugged“ dank MTV entstand – keine Verstärker, kein Strom, akustische Instrumente. Für den Schweizer Biotechnologie- und Pharmakonzern Novartis bedeutet unbossed den Verzicht auf das, was vermeintlich für gute Führung nötig ist: Vorgesetzte, die ihre Aufgabe darin sehen, die Arbeit der Mitarbeitenden zu kontrollieren und überwachen.

Choice with Responsibility“ ist das Programm, das vor anderthalb Jahren begonnen wurde. Im Webinar aus der Reihe „Pioniere des Wandels“ von Slack berichtete Tobias Glück, Geschäftsführer People & Organization bei Novartis Deutschland, von den Erfahrungen, die das Unternehmen mit seiner neuen Strategie gemacht hat. Im Gespräch mit Investor Frank Thelen unterstrich Glück, dass es nur einen Weg gibt, damit ein Vorhaben dieser Größenordnung gelingt. „So etwas können nicht einige wenige entscheiden. Die große Menge an Mitarbeitenden muss eingebunden werden“, sagte Glück. Schließlich beschäftigt Novartis mehr als 100.000 sehr gut ausgebildete Fachkräfte.

„Vertrauensarbeitszeit hatten wir bereits, bevor wir Choice with Responsibility eingeführt haben. Und die Basis unseres Modells ist Vertrauen.”

Tobias GlückGeschäftsführer People & Organization, Novartis Deutschland

Was sich genau hinter „Choice with Responsibility“ verbirgt, illustrierte Glück: „Anywhere Office“ ist inzwischen als Vereinbarung auf Konzernebene festgezurrt worden. Nötig wurde das Programm auch, weil im Wettbewerb um Talente das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Spitzenkräften ganz oben steht. Sprich – alle Mitarbeitenden entscheiden selbst, ob sie lieber im Büro arbeiten wollen, tageweise anwesend sein möchten oder mehr remote arbeiten. „Vertrauensarbeitszeit hatten wir bereits, bevor wir Choice with Responsibility eingeführt haben. Und die Basis unseres Modells ist Vertrauen“, sagte Glück. Strikte Vorgaben, die kontrolliert werden, seien deswegen in dem Programm nicht vorhanden: „Natürlich lassen sich derartige Modelle theoretisch auch ausnutzen. Wir wollen mit Choice with Responsibility aber einen Rahmen schaffen, sodass unsere Teams diese Freiheit im positiven Sinne für hohe Effektivität und Vereinbarkeit nutzen.“

Selbstverständlich bedeute das vor allem für Führungskräfte, dass sie ihre Art der Führung ändern müssen. Nicht alle habe den neuen Ansatz von Beginn an verinnerlicht: „Wir haben die ganze Bandbreite an Führungsstilen.“ Mit Coachings für Führungskräfte wurde erreicht, dass die ihre Rolle neu definieren.

Graphic Recording vom Gespräch von Frank Thelen und Tobias Glück

Eine zentrale Bedeutung kommt bei dem Konzept den einzelnen Teams zu. Sie entscheiden autark, welche Form der Zusammenarbeit am effizientesten ist. Denn selbstverständlich bleibt auch der persönliche Austausch mit physischer Präsenz ein wichtiges Element der Zusammenarbeit.

Kommunikation steht im Zentrum der Zusammenarbeit und Tools wie Slack helfen beim Austausch wie auch der Organisation. Stillstand ist dabei nicht ratsam: „Wir machen Experimente. Einfach auch mal etwas ausprobieren und vergleichen, wie man früher gearbeitet habe.“ Undenkbar ohne die technischen Voraussetzungen: „Ohne digitale Tools hätte der Umbau nicht funktioniert. Wir haben eine Palette, die sich bewährt hat, und probieren ständig neue Tools aus.“

Derart gerüstet, geht auch das Prinzip „Unbossed“ auf. „Es bedeutet im Alltag, dass Entscheidungen mit gemeinsamer Verantwortung getroffen werden. Ziel ist es, so viele Entscheidungen wie möglich dem Mitarbeitenden zu überlassen“, sagte Glück. Die Führungskraft ermächtigt, coacht und räumt Barrieren aus dem Weg.

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