EWE Go stellt als Tochterunternehmen des Oldenburger Energie- und Telekommunikationsdienstleisters EWE die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität zur Verfügung. Den Start-up-Geist müsse man am Leben erhalten, sagt Jan-Philipp von Gottberg von EWE Go.
Wenn beide Nachschub brauchen, Mensch wie Akku, dann bietet es sich an, den Wagen vor einem Restaurant an einer Ladesäule abzustellen und selbst drinnen einen Happen essen zu gehen. Rund 1000-mal in Deutschland steckt dieser Gedanke hinter der Installation von Ladesäulen auf den Parkplätzen sämtlicher Drive-In-Filialen einer Fastfoodkette. „Damit konnten wir als Tochter eines regionalen Energieversorgers erstmals deutschlandweit unser Know-how anwenden“, sagt Jan-Philip von Gottberg. Er ist Co-Head Mobility bei EWE Go aus Oldenburg, das von Roller-Vermietung über Installation von privaten Wallboxen bis hin zu Lösungen für Unternehmensflotten die gesamte Bandbreite der E-Mobilität abdeckt – nur die Fahrzeuge müssen die Kunden noch selber mitbringen.
Entstanden ist EWE Go als Ausgründung mit dem Ziel, als Schnellboot am Markt agieren und reagieren zu können. „In etablierten Prozessen wird es kaum funktionieren sich den monatlich, wöchentlich, ja, täglich wechselnden Bedingungen anzupassen“, sagte von Gottberg im Gespräch mit Frank Thelen bei einem Webinar der Reihe „Pioniere des Wandels“ von Slack.
Mutter wie Tochter haben in den vergangenen Jahren gemeinsam eine steile Lernkurve hingelegt. Schließlich galt es, die inzwischen 100 Mitarbeitenden der Konzerntochter anders und neu zu führen. In einem Geschäftsfeld, das anders und neu ist für die 1943 gegründete EWE AG mit ihren mehr als 8000 Mitarbeitern. „Es braucht Zeit, sich abzunabeln“, sagt von Gottberg. Vier Jahre habe man den Schritt in einem Kompetenzzentrum vorbereitet.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen jederzeit jede Information zur Verfügung haben.
Der Schritt zur Ausgründung auf der grünen Wiese sei dennoch nötig gewesen, um eine neue Kultur zu implementieren, die Antworten liefern könne auf ständig wechselnde Vorgaben aus dem Markt und der Politik. Agiles Arbeiten sei heute möglich, eine Selbstverständlichkeit sei das jedoch nicht, daran ließ von Gottberg keinen Zweifel. „Die Mitarbeitenden waren verunsichert, was ihre Aufgabe ist“, erinnert von Gottberg. Ein Agile Coach, der inzwischen fester Bestandteil des Teams sei, habe die Prozesse begleitet und aufgesetzt.
Im Kern ist für von Gottberg die Voraussetzung des Gelingens, dass Transparenz und Offenheit im Unternehmen gelebt würden. „Jeder Mitarbeitende muss jederzeit jede Information zur Verfügung haben“, sagte von Gottberg. Inzwischen hätten alle erkannt, dass es für Informationen eine Holschuld und keine Bringschuld mehr gäbe. Die Zeiten, in denen per Mail die nötigen Informationen ausgetauscht würden und Beschwerden entstünden, warum Kollege X oder Y nicht informiert wären, sind vorbei. „Das haben wir abgeschafft.“
Projekte sind durch den Einsatz von Slack und der gelebten Kultur jederzeit nachvollziehbar für die Beteiligten dokumentiert. Kommunikation ist in Channels organisiert, so dass niemand mehr nach einem Stand der Dinge nachforschen muss, sondern diesen jederzeit abrufen kann. Ein Herzstück dieses Arbeitens bildet dabei die Plattform Slack. Gespräche unter Mitarbeitern und in den Teams und Projekten werden dort geführt und damit dokumentiert. „Das ist bei uns zunächst über die IT gekommen, das sei der – salopp formuliert – „Latest Shit“, erinnert sich von Gottberg. Zunächst habe man sich aber gefragt: „Wie führen wir das ein? Wie können wir es strukturiert nutzen? Das war richtig, weil heute sehr viel darüber läuft – Abrechnung, Projektmanagement. Kern ist es, sich schnell und unkompliziert auszutauschen.“ Emails aufzusetzen sei viel zu aufwändig.
Für den Austausch im Unternehmen sei dies unverzichtbar, wenn der Geist des Start-ups weiter gepflegt werden solle und die Erfolgsgeschichte von mittlerweile 1.000 öffentlichen Ladepunkten im Nordwesten Deutschlands fortgeführt werden soll. Deadlines könne man bei EWE Go offen diskutieren. Mitarbeitende besäßen das Vertrauen, dass sie ernst genommen würden. „Wir haben Formate, die das fördern sollen. „Thinking out loud“ ist so eine, jeder darf mal Dampf ablassen. Auch mal völlig abseits des Business.“
Um die Motivation, die sogenannte Extra-Meile zu gehen, mache er sich keine Sorgen. Alle Mitarbeitenden verbinde die Liebe zum Produkt. „Wir haben es leichter, das Produkt ist begeisternd. Viele bringen die Lust mit, das Thema voranzutreiben. Es ist eher Aufgabe an uns, nicht die Motivation zu nehmen“.
Kurz vor Ende der 30 Minuten Einsichten aus dem Oldenburger Start-up gab von Gottberg auf Frage von Frank Thelen noch drei Dinge mit, die ihn in der Rückschau wichtig waren für den gemeinsamen Erfolg:
- Mut für Neues Man muss sich in Erinnerung rufen, dass sich Dinge verändern und sich fragen: Was sind die guten Sachen am technischen Wandel?
- Tools und Technik Sie sind als Support wichtig, aber dürfen nicht als Begrenzer wirken. Ich mache mich nicht abhängig von einem Tool, es muss mir helfen.
- Datenbasierte Entscheidung 70 Prozent Datenlage muss reichen für eine Entscheidung. Dann ist es sinnvoll, wie ein Autopilot zu reagieren, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Zu langes Zögern in bestimmten Entscheidungen wirft einen nach hinten. Der Fehler kann nicht so groß sein, wie der, nichts zu tun.