Collaboration, Co-Creation und die richtige Chemie im Team – mit diesen drei Faktoren hat Michael Schrezenmaier, CEO Europe von SumUp, das FinTech-Unternehmen zu einem der führenden Anbieter im Markt für mobile Kartenlesegeräte entwickelt.
Michael Schrezenmaier träumt von einer Welt, in der Bargeld graue Vorzeit und die Kartenzahlung so normal ist wie heute der Griff zum Schein. Das liegt nahe, denn sein Geschäft ist die mobile Kartenzahlung. Mit dem FinTech-Unternehmen SumUp versorgt der Europa-CEO speziell kleine und mittlere Unternehmen mit kostengünstigen, mobilen Geräten zur Kartenzahlung. SumUp hat den Markt demokratisiert und die Kosten auf ein Zehntel des vorherigen Niveaus gesenkt. Teil des Erfolgsgeheimnisses: SumUp verzichtet auf kostenintensive Sales-Maßnahmen, lebt von Word-of-Mouth und hat von vornherein gezielt weitestmöglich Prozesse automatisiert. Heute gilt SumUp für viele Kunden bereits als die Household-Brand für mobile Kartenzahlung, wie Schrezenmaier im Gespräch mit Moderatorin Verena Pausder erzählt.
Mehr als 3,5 Millionen Händler nutzen die Lösung bereits, auf weitere positive Aussichten kann er sich freuen: Erst kürzlich sammelte das Unternehmen in einer Investitionsrunde 590 Millionen Euro ein – und wird damit mit acht Milliarden Euro bewertet. Damit ist SumUp eines der wertvollsten Finanz-Start-ups Deutschlands. Das deutsch-britische Unternehmen wurde 2012 gegründet und zählt heute rund 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Wir sind aber im Herzen weiterhin ein Start-up“, sagt Schrezenmaier. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, wie bei SumUp neue Ideen entstehen.
„Wir glauben daran, dass jedes unserer Teammitglieder ganz wertvolle Erfahrungen und Wissen mitbringt.“
Im Team schneller und besser
Innovation und ständige Weiterentwicklung sind die Treiber für erfolgreiche Unternehmen wie SumUp. Der FinTech-Anbieter hat sich deshalb seit rund zwei Jahren auch eine eigene Methode verordnet, die frische Ideen sprudeln lässt: Kreiert wird bei SumUps Co-Creation gewissermaßen in konzentrischen Kreisen. Dabei arbeiten drei bis vier Personen an einer Hypothese oder Idee, Stück für Stück werden die Kreise um weitere Kolleginnen und Kollegen erweitert, die Feedback geben. Im zweiten Schritt geht dann das erste Arbeitspapier etwa an 20 bis 30 weitere Teammitglieder, die die Idee bewerten.
Entscheidend ist hier: Eine Vielzahl an Multiplikatoren hat Teil an einer Entscheidung und kann ihren ganz spezifischen Beitrag leisten, Teil der Lösung sein. Ideen und Strategien werden zusammen entwickelt und sind offen nachvollziehbar. Initial kostet dieser Weg natürlich mehr Zeit, als Entscheidungen top-down und im kleinen Kreis zu fällen. Langfristig, findet Schrezenmaier, bleibt es aber dennoch der effizientere Prozess – denn je breiter die Akzeptanz, desto geringer später die Änderungen. Wenn die Idee gemeinsam entwickelt wurde und viele die Entstehungsgeschichte kennen, wird sie auch schneller gelebt. Für die Leitungsebene ist das auf den ersten Blick vielleicht ein zeitintensiver Prozess. Dennoch plädiert er für den Ansatz, sich Zeit zu nehmen, aber so ein besseres Ergebnis zu erzielen. Er findet: „Collaboration hat mit Disziplin des Managements zu tun.“
„Corona hat letztlich als Katalysator gewirkt.“
Vision und Kommunikation
Auch organisatorisch setzt SumUp auf Vernetzung, nur so lässt sich die Vision des Unternehmens trotz des enormen Wachstums halten. Die Produktabteilungen sind deswegen in Tribes organisiert, die jeweils alle Fähigkeiten, beispielsweise Engineering, Produktmanagement, Marketing und Design innerhalb einer Organisationseinheit zusammenfassen. Auf diese Weise können die Tribes ihre eigene Produktstrategie vorantreiben. Zehn dieser Tribes gibt es unternehmensweit, in einem interaktiven Prozess werden die Aktivitäten dieser Tribes dann quartalsweise priorisiert.
Tools spielen bei dieser Form der Zusammenarbeit eine entscheidende Rolle – so funktioniert die gesamte interne Kommunikation zu 80 Prozent auf Slack. Hinzu kommen virtuelle Pinnwände und Video-Kommunikationslösungen. „Corona hat letztlich als Katalysator gewirkt. Denn wenn man in die Breite eine Firma bewegen will, ohne sich physisch zu sehen, braucht es ab einem bestimmten Punkt einen entsprechenden Kommunikationsprozess“, sagt Schrezenmaier. Persönliche Treffen schätzt er trotzdem, den informellen Austausch, aber auch die Zwischentöne von Kommunikation, beispielsweise Körpersprache. „Wir leben das hybride Modell“, erklärt der CEO Europe.
„Am Ende muss das Gefühl bleiben: Die haben das Herz am rechten Fleck.“
Kultur stützt Wachstum
Ein wichtiger Pfeiler für das Wachstum von SumUp sind Akquisitionen. Das Unternehmen nähert sich auch durch Zukäufe seinem langfristigen Ziel, ein komplettes Payment-Ökosystem aufzubauen, das Händler und Verbraucher direkt verbindet. Doch wie gelingt es, passende neue Unternehmen auszuwählen und dann zu integrieren? Für Michael Schrezenmaier ist die Antwort einfach: „Wir prüfen die Kultur auf Herz und Nieren, setzen uns zusammen. Am Ende muss das Gefühl bleiben: Die haben das Herz am rechten Fleck.“ Intelligenz und Innovationsgeist allein reichen bei Schrezenmaier nicht für eine Zusammenarbeit – auch die Chemie muss stimmen.
„Es braucht Gründergeist, eine gewisse Grundaggressivität, aber auch Naivität. Man muss glauben, dass man die Welt beherrschen kann und will.“
Drei Tipps: Gründergeist, Zielstrebigkeit und das Wort des Kunden
Wie es zu schaffen ist, ein solches Wachstum zu realisieren, dafür gibt der SumUp-Europa-CEO drei Tipps preis. Auch hier ist Persönlichkeit entscheidend, nicht ein großes, sondern ein sehr gutes Team findet er wichtig: „Es braucht Gründergeist, eine gewisse Grundaggressivität, aber auch Naivität. Man muss glauben, dass man die Welt beherrschen kann und will.“ Weiter sollten Unternehmen sich ihr Marktsegment sehr genau aussuchen und sich ausschließlich darauf konzentrieren. Wer eigentlich im Kleinstsegment agiert, sollte auf mittlere oder gar große Kunden verzichten. Zu groß die Unterschiede im Go-to-Market, zu schwer die Skalierbarkeit. Und nicht zuletzt empfiehlt er, auf die Kunden zu hören, welches Feedback sie geben – und das auch umsetzen. „Denn das ist letztlich die harte Währung“, so Schrezenmaier.