Wer im Job nur das Nötigste tut, gilt bestenfalls als verlässlich, aber
nicht gerade fleißig. Dahinter kann jedoch ein größeres Problem stecken:
Quiet Quitting. Auch als „stille Kündigung“ oder „Dienst nach Vorschrift“
bekannt, beschreibt der Trendbegriff eine innere Haltung, die für
Unternehmen nicht viel Gutes verheißt. Denn wenn sich Mitarbeitende leise
von ihrem Job verabschieden, sagt das vor allem etwas über die
Unternehmenskultur aus. Hier erfährst du, wie sich Silent Quitting äußert
und welche Gegenmaßnahmen du treffen kannst.
Was ist Quiet Quitting und woher kommt der Trendbegriff?
Quiet Quittung beschreibt kein neues Phänomen – fehlende Motivation und
Unzufriedenheit im Job gibt es schon lange. Und doch hat sich der
Trendbegriff erst in 2022 über die Social-Media-Plattform TikTok
verbreitet.
Das Medium und der Zeitpunkt sind dabei kein Zufall. Seit Beginn der
Pandemie hat sich die Arbeitswelt extrem gewandelt. Im Home-Office ist es
ungleich schwerer, klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zu ziehen.
Das hat bei vielen Menschen zu Überlastung geführt. Gleichzeitig sind
gemeinsame Kaffee- und Mittagspausen, Gespräche am Kopiergerät oder
ausgelassene Weihnachtsfeiern ausgefallen. Wer den Job vor allem der Kolleg:innen wegen gern gemacht hat, stellte plötzlich Vieles in Frage.
Ein gutes Stichwort: Denn, dass Quiet Quitting in sozialen Medien viral
ging, hat viel mit der Sinnfrage zu tun, die sich vor allem junge Menschen
stellen. Die Generation Z hat andere Anforderungen an die Arbeit. Geld ist
ein wichtiger Faktor, aber bei Weitem nicht der einzige. Werte wie Nachhaltigkeit, Inklusion, Diversität und Selbstverwirklichung
haben für junge Mitarbeitende einen enorm hohen Stellenwert. Außerdem
möchten sie ihr Leben nicht der Arbeit unterordnen. Sich für den Job
aufreiben? Höchstens, wenn es das eigene Unternehmen ist. Flexible Arbeitszeiten, eine gute Work-Life-Balance und die Möglichkeit zu Remote Work haben
Priorität.
Viele Angehörige der „Gen Z“ lehnen die Hustle-Kultur früherer Generationen
ab. Der Wunsch nach Anerkennung und Wertschätzung bleibt. Bei
Arbeitgeber:innen der alten Schule kann das Unverständnis auslösen. Wer
weiterkommen wollte, musste bisher die Extrameile gehen und Überstunden
machen.
Doch genau das möchten viele Menschen heute nicht mehr tun – und zwar auch
ältere. Immer mehr Angestellte wünschen sich eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sinnstiftende Tätigkeiten und individuelle Förderung. Quiet Quitting ist
also die unausgesprochene Antwort auf fehlende Wertschätzung, Mangel an
Perspektiven, Überforderung und Unverbundenheit. Sie beschreibt die Lücke
zwischen Erwartungshaltung und Realität – und kann im schlimmsten Fall zur
tatsächlichen, ausgesprochenen Kündigung durch Mitarbeitende führen.
An diesen 3 Anzeichen kannst du Silent Quitting erkennen
Wie du bereits gelesen hast, ist Quiet Quitting ein innerer Zustand, der
nur indirekt kommuniziert wird. Für Führungskräfte, Kolleg:innen oder das
HR-Team ist es deshalb schwierig, die Zeichen klar zu deuten. Auf Folgendes
kannst du achten:
- Fehlende Motivation: Hast du eine Mitarbeiterin, die immer wieder
Deadlines verpasst oder Aufgaben und Meetings zu vergessen scheint?
Doch sobald die Uhr auf Feierabend steht, klappt sie den Laptop
pünktlich zu? Oder lässt sie Gelegenheiten verstreichen, die andere
nutzen würden, um intern aufzusteigen? All das sind Anzeichen für
Silent Quitting. Die Person scheint die eigene Karriere zu
boykottieren – und tut das in der Regel sogar bewusst. Statt
Leidenschaft zeigt sie eine „Mir-doch-egal-Haltung”. Wenn die
eigenen Erwartungen nicht erfüllt werden, warum dann die
Erwartungen des Unternehmens erfüllen oder sogar übertreffen? - Sozialer Rückzug: Wer innerlich schon gekündigt hat, isoliert sich
oft von anderen. Ausfall wegen Krankheit ist ein typisches
Beispiel, doch meistens sind die Zeichen viel subtiler. Vielleicht
gibt es einen Kollegen, der schwer erreichbar ist. E-Mails, Anrufe
oder Nachrichten im Chat bleiben mehrere Tage lang unbeantwortet –
und zwar nicht nur in stressigen Zeiten. Vielleicht verbringt er
die Mittagspausen immer allein und weicht Gesprächen in der
Kaffeeküche gerne aus. Wenn du sicher sein kannst, dass sich jemand
nicht aufgrund von Mobbing oder Ähnlichem ausklinkt, könnte eine stille Kündigung dahinter stecken. - Mangelndes Interesse an Aktivitäten: Du hältst regelmäßig
Teamevents ab und hast das sogar während der Lockdowns geschafft?
Das ist super! Doch gibt es eine Person, die sich bei solchen
Events oft unpässlich zeigt? Mal ist es das kranke Kind, dann eine
andere Verpflichtung oder plagende Kopfschmerzen. Keine Frage: Im
Leben kommen Dinge dazwischen. Doch wenn jemand regelmäßig Teambuilding-Maßnahmen absagt oder andere interne Angebote nicht wahrnimmt, könnte Quiet
Quitting die wahre Ursache sein.
Langfristig kann Quiet Quitting zu weniger Produktivität und ungleicher
Arbeitsverteilung führen. Denn wenn sich jemand nicht engagiert, fällt die
Arbeit kurz- bis mittelfristig auf andere Teammitglieder zurück. Das sorgt
für Frust und kann in offen ausgetragenen Konflikten enden.
Unzuverlässlichkeit und mangelnde Kommunikation können im schlimmsten Fall
auch Kunden verprellen. Und kommt es zur tatsächlichen Kündigung, musst du
den Bewerbungsprozess neu starten – was Geld, Zeit und Nerven kostet.
Mit diesen Tipps kannst du die innere Kündigung vermeiden
Die gute Nachricht ist: Die Anzeichen für Quiet Quitting sind oft eine Art
indirekter Hilferuf. Als Führungskraft hast du also die Möglichkeit zu
handeln, bevor die Situation eskaliert. Wenn du den Eindruck hast, dass
sich jemand innerlich zurückzieht, geht es im ersten Schritt an die
Ursachenforschung.
Bedenke: Missstände aufzudecken heißt manchmal auch, in den Spiegel zu
schauen. Manche Mitarbeiter:innen mögen überzogene Vorstellungen haben.
Doch oft sind es starre Strukturen, Überlastung, Unterforderung, fehlender
Zusammenhalt oder unzeitgemäße Führungstechniken. Bleibe gegenüber Feedback
offen, auch wenn es unangenehm ist. Das gilt umso mehr, wenn sich
Mitarbeitende von sich aus an dich wenden.
So kannst du auf konkrete Fälle von Silent Quitting reagieren
- Wertschätzung zeigen: Es muss nicht zwangsläufig mehr Gehalt sein.
Neben der 4-Tage-Woche, mehr Home-Office oder einem praller
gefüllten Urlaubstage-Konto können auch die betriebliche
Altersvorsorge oder diverse Sachleistungen die Motivation steigern.
Vielleicht liegt es auch gar nicht an fehlenden Incentives, sondern
an der aktuellen Rolle. Mit einem gemeinsam erarbeiteten Entwicklungsplan kannst du individuelle Fähigkeiten der Mitarbeitenden fördern und
Aussicht auf eine passendere Position bieten. - Austausch fördern: Vor allem ortsunabhängig arbeitende und externe Mitarbeitende profitieren von einer zentralen Kommunikations- und Kollaborationsplattform. Dort kannst du unterschiedliche Channels einrichten, zum Beispiel
für bestimmte Projekt-Teams und auch Themen außerhalb der Arbeit.
Darüber hinaus kannst du Dailys abhalten, in denen jede Person kurz
erzählt oder schreibt, woran sie gerade arbeitet und welche
Herausforderungen es gibt. Auch Mentor:innen oder Buddys können
helfen, „Quiet Quitters” wieder stärker einzubinden. - Angebote attraktiver gestalten: Teamevents sind eine tolle Sache.
Doch vielleicht ist das Interesse an anderen Angeboten viel größer. (Online-)Kurse zur Stressreduktion, ein Yoga- und Meditationsraum
oder Noise-Cancelling-Kopfhörer sind nur einige der Maßnahmen, die
kurzfristig für einen Ausgleich sorgen können. Darüber hinaus sind
sie während der Arbeitszeit und individuell zugänglich – was vielen
Kolleg:innen mehr entgegenkommt als Abendveranstaltungen oder
tagesfüllende Weiterbildungen.
Quiet Quitting langfristig vorbeugen: Das kannst du tun
Fakt ist: Silent Quitting ist ein weit verbreitetes Phänomen, das
Unternehmen im Blick haben sollten. Folgende Maßnahmen helfen dir, der
stillen Kündigung langfristig vorzubeugen:
- Ziehe eigene Grenzen und respektiere die Grenzen anderer: Als Führungskraft hast du eine Vorbildfunktion. Überlastung vermeidest du, indem du deine Mitarbeitenden
ermutigst, klare Grenzen zu ziehen. Das betrifft vor allem
diejenigen, die im Home-Office arbeiten. Wichtig: Vermeide es,
E-Mails oder Direktnachrichten im Chat nach Feierabend oder am
Wochenende zu verschicken, um diesen Freiraum zu respektieren. - Schaffe eine vertrauensvolle Atmosphäre und fördere transparente
Kommunikation. Das geht zum Beispiel durch regelmäßige
Einzelgespräche, in denen Mitarbeitende ihre Sorgen oder Wünsche
äußern können. Bei hybriden Arbeitsmodellen kannst du Gespräche
auch per Telefon oder Videocall führen. Höre aufmerksam zu und vermeide es, in den Verteidigungsmodus zu gehen, wenn negatives Feedback kommt. Setze stattdessen auf die
Prinzipien der agilen Führung und zeige dich offen für Veränderung. - Etabliere Anlaufstellen: Je nach Unternehmensgröße und Budget kann
Mediation oder Coaching ein wirksames Mittel sein. Sich einer
neutralen Person regelmäßig anvertrauen und Probleme benennen zu
können, sorgt für Entlastung. Oder du nutzt eine digitale
Kollaborationsplattform wie Slack, auf der du persönliche Chats
oder Offene Channels für allgemeines Feedback und Wünsche einrichten kannst. Vielleicht wünschen sich viele Mitarbeitende betriebliche Gesundheitschecks,
Kinderbetreuung im Büro oder ein gesundes Kantinenangebot.
Betrachte Quiet Quitting als Chance für dein Unternehmen
Weniger Produktivität, fehlender Zusammenhalt, Verlust von Aufträgen oder
Kunden: Quiet Quitting kann für Unternehmen viele negative Folgen haben.
Allerdings bietet der Trend auch die Chance, das Arbeitsumfeld grundlegend zu verbessern. Denn nicht zuletzt sorgen „Quiet Quitters” selbst für klare Grenzen und
mehr Freiräume, was sich positiv auf das eigene Wohlbefinden auswirkt. Wenn
du mit den oben genannten Maßnahmen die Voraussetzungen für Wandel
schaffst, steigerst du das Engagement deiner Mitarbeitenden – und bindest sie nachhaltig an dein Unternehmen. Weitere Tipps und Artikel
findest du auf unserer Themenübersicht rund um Mitarbeiterzufriedenheit.