Transformation

„Guten Leuten Freiräume schaffen“

Welche Rolle Vertrauen, flexible Arbeitsmodelle und moderne Kommunikationstools bei der Erfolgsgeschichte von Personio spielen

Autor: Jens Gräber4. Februar 2022Illustration von Christine Oymann

Mit seiner cloudbasierten Personalsoftware hat es das HR-Tech-Unternehmen Personio zu einer Milliardenbewertung gebracht. Wichtig für den Erfolg sind flexible Arbeitsmodelle, moderne Kommunikationstools – und viel Vertrauen.

Die zeitgemäße Digitalisierung des Bereiches Human Resources in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) – das ist die Mission, die sich Hanno Renner mit seinem Start-up Personio auf die Fahne geschrieben hat. Ein Markt mit großem Potenzial, nutzen doch 70 Prozent der europäischen Unternehmen noch keine zentrale Software in diesem Bereich. „Menschen sind die wichtigste Ressource eines Unternehmens. Insofern ist es sinnvoll, HR-Prozesse durch Technologie zu verbessern“, sagt der CEO im Gespräch mit Investor Frank Thelen in der Webinarreihe „Pioniere des Wandels“ von Slack.

Um dieses Ziel zu erreichen, gelte es etwa, bereits im Einsatz befindliche Tools in diese Prozesse einzubinden, zu vernetzen und sie so effizienter zu gestalten. People Workflow Automation nennt sich das. Damit könne künftig beispielsweise die Krankmeldung von Mitarbeiter:innen automatisch die entsprechende Änderung ihrer Statusmeldung bei der Kollaborationsplattform Slack auslösen oder es könnten umgekehrt Mitarbeiter:innen ihre Krankmeldung per Slack einreichen. Automatisierte Updates innerhalb teamspezifischer Slack-Channels könnten Auskunft darüber geben, wer erkrankt, wer im Urlaub und wer im Homeoffice ist.

Manchmal gehe es aber auch schlicht darum, Prozesse zu beschleunigen – so beim Recruiting neuer Kolleg:innen. Wenn jemand ein Job-Angebot erhalten soll, muss in vielen Unternehmen der CEO per physischer Unterschrift sein Einverständnis erklären. „Eine Verzögerung, die dazu führen kann, dass die oder der potenzielle neue Mitarbeitende sich anders orientiert“, sagt Renner. Personios Software-as-a-Service-Angebot umfasse die Möglichkeit, solche Unterschriftenregelungen digital abzubilden und Verzögerungen zu vermeiden.

„Wir wollen unseren Kolleg:innen auch die Flexibilität geben, sich um ihre Familien zu kümmern -- oder nach dem Italienurlaub noch eine Woche von dort aus zu arbeiten.”

Hanno RennerCo-Founder & CEO, Personio

Jeder Mitarbeitende trägt Budget-Verantwortung

Viele Unternehmen unterschätzen Renners Ansicht zufolge die Bedeutung von Recruiting und Mitarbeiter:innen-Bindung für ihren Erfolg. Er selbst verwende darauf rund 20 Prozent seiner Arbeitszeit. „Das darf kein bloßes Lippenbekenntnis sein. Vielmehr gilt es, hier wirklich Zeit und Geld zu investieren. Und wer gute Leute hat, sollte Ihnen auch Freiräume schaffen“, betont der CEO.

Personio selbst geht mit gutem Beispiel voran: Jede und jeder einzelne Mitarbeitende trägt Budget-Verantwortung und darf selbstständig Ausgaben bis zu einer Höhe von 50.000 Euro tätigen – sofern er oder sie glaubt, dies sei im Interesse des Unternehmens. Zudem dürfen Personio-Angestellte 50 Prozent ihrer Arbeitszeit an einem beliebigen Ort verbringen.

„Office First, aber Remote Friendly“, fasst Renner die Hybrid-Work-Strategie “PersonioFlex” zusammen. Zwar seien Orte des Zusammenkommens wichtig, um Kreativität zu fördern. „Doch wir wollen unseren Kolleg:innen auch die Flexibilität geben, sich um ihre Familien zu kümmern – oder nach dem Italienurlaub noch eine Woche von dort aus zu arbeiten.“ So viel Freiheit erfordere eine Kultur des gegenseitigen Vertrauens.

Doch ohne die geht es bei Personio ohnehin nicht, denn die rund 1.000 Mitarbeiter:innen verteilen sich über fünf Standorte in Europa: München, Madrid, London, Dublin und Amsterdam. Renner legt Wert darauf, dass es kein eigentliches Hauptquartier gibt, sondern auch das Top-Management an verschiedenen Orten arbeitet. „Unsere Botschaft lautet: Du kannst bei uns Karriere machen, egal wo Du bist“, betont er.

Graphic Recording vom Gespräch zwischen Hanno Renner und Frank Thelen

Slack-Nachrichten ersetzen interne Emails

Klar, dass eine solche Unternehmensstruktur die richtigen digitalen Kommunikations-Werkzeuge benötigt, um funktionieren zu können. Slack komme eine wichtige Bedeutung zu, erklärt Renner: „Wir ersetzen damit alle internen Emails und nutzen geteilte Channels für die Kommunikation mit externen Partnern.“ Auch für die interne Kommunikation auf Team- und Standort-Ebene seien Slack-Channels ein wertvolles Werkzeug und allgemeinen Email-Verteilern klar überlegen, so der CEO. „Es interessiert schließlich in Dublin niemanden, wenn in München die Kaffeemaschine ausfällt.“

Verfügen junge Unternehmen wie das 2015 gegründete Start-up Personio in der Regel von Beginn an über eine zeitgemäße digitale Infrastruktur, tun sich etablierte Betriebe dagegen häufig schwer, den digitalen Wandel zu bewältigen. Ihnen riet Renner zum Einsatz von Software-as-a-Service-Modellen, bei denen Kunden weder Soft- noch Hardware erwerben, sondern den internetbasierten Zugriff auf bestimmte Dienste bei einem externen Anbieter buchen. Denn ihre Implementierung sei innerhalb weniger Wochen möglich: „Das geht viel schneller als traditionelle Software-Umstellungen.“

Bei der Auswahl passender Tools gelte es zudem, über den konkreten Einsatzzweck hinaus eine ganzheitliche Perspektive einzunehmen und darauf zu achten, dass eine Vernetzung über Software-Grenzen hinweg möglich sei. Sein wichtigster Tipp: Digitale Werkzeuge dürfen kein Selbstzweck sein. Denn nur was Mitarbeiter:innen intuitiv bedienen könnten und gerne nutzten, könne letztlich auch auf den Unternehmenserfolg einzahlen. Renner formuliert es so: „Tools werden von Menschen genutzt – nicht umgekehrt.“

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