Wenn der Stürmer beim Fußball ein Tor schießt, ist das nicht sein alleiniges Verdienst. Die ganze Mannschaft hat ihren Beitrag geleistet – jeder mit seinen Stärken und Schwächen. Genauso ist es im Arbeitsalltag: Mitarbeitende ergänzen sich gegenseitig, um Projekte erfolgreich durchzuführen. Dabei nehmen sie verschiedene Rollen ein, die ihrer Persönlichkeit entsprechen oder die ihnen zugewiesen wurden.
Der britische Psychologie-Professor Meredith Belbin hat sich bereits in den 1970er Jahren mit unterschiedlichen Persönlichkeitseigenschaften in Teams beschäftigt und daraus neun Teamrollen abgeleitet. Sein Modell ist ein Management-Klassiker und liefert zahlreiche Tipps für bestmögliche Gruppenerfolge. Welche Teamrollen es nach Belbin gibt und warum ein vielfältig besetztes Team Mitarbeitende produktiver macht, erfährst du hier.
Teamrollen nach Belbin: Ein Überblick
Teammitglieder nehmen aufgrund ihrer individuellen Persönlichkeitseigenschaften typische Rollen im Team ein. Sie tendieren zu einem bestimmten Verhalten, das auch die Zusammenarbeit im Team mit den anderen prägt. Das hast du vielleicht selbst schon mal in deinen Teams wahrgenommen. Der britische Forscher Belbin wollte wissen, warum das so ist und hat sich ausführlich mit menschlichem Verhalten in Teams beschäftigt.
Sein Ergebnis: Es gibt neun Rollen im Team, die die Produktivität der Gruppe beeinflussen. Und je heterogener eine Gruppe ist, desto besser. Mit ihren individuellen Eigenschaften ergänzen sich die Teammitglieder optimal – für erfolgreiche Projekte.
Die Rollen lassen sich in die drei Kategorien handlungsorientiert, wissensorientiert und kommunikationsorientiert einordnen.
Handlungsorientierte Rollen
Hierzu zählen der Macher, der Perfektionist und der Umsetzer – natürlich auch in ihrer weiblichen oder diversen Form.
Macher
Eine Person, die diese Rolle verkörpert, ist handlungs- und lösungsorientiert. Sie bringt das Team voran, sorgt dafür, dass Ideen umgesetzt werden und motiviert die anderen, wenn es Hürden zu überwinden gibt. Manchmal können Macher jedoch impulsiv reagieren.
Eine mögliche Aufgabe im Team: Projektführung und Krisenmanagement.
Umsetzer
Umsetzer sind wahre Organisationstalente im Arbeitsalltag und unterstützen ihr Team durch ihr selbstsicheres Auftreten. Sie sind pflichtbewusst, pragmatisch, strukturiert und sehr diszipliniert. Allerdings zeigen sie sich hin und wieder unflexibel und skeptisch gegenüber Neuerungen.
Eine mögliche Aufgabe im Team: Prozessoptimierung.
Perfektionist
Perfektionisten erledigen ihre Aufgaben im Team mit viel Liebe zum Detail und einem hohen Anspruch an Qualität. Mit ihrer gewissenhaften, sorgfältigen Art ermutigen sie die anderen Teammitglieder, sich ständig zu verbessern. Ihre Schwäche: Sie können sich in Kleinigkeiten verlieren und delegieren ungern Verantwortung.
Eine mögliche Aufgabe im Team: Qualitätskontrolle.
Wissensorientierte Teamrollen
Bei diesen Wissensorientierte Rollen im Team steht die Fachexpertise im Vordergrund. Nach dem Modell von Belbin gehören der Erfinder, der Beobachter und der Spezialist in diese Kategorie.
Erfinder
Die Stärken dieser Rolle liegen in visionären Ideen und unkonventionellen Lösungsansätzen. Erfinder sind sehr kreativ und fantasievoll, arbeiten aber am liebsten allein und lassen Formalien oftmals außen vor.
Eine mögliche Aufgabe im Team: Konzeptionierung/Design.
Beobachter
Beobachter zeichnen sich durch ihre analytische und strukturierte Arbeitsweise aus. Ihnen fällt es leicht, den Gesamtüberblick zu behalten und Dinge oder Prozesse objektiv zu betrachten. Diese nüchterne Haltung kann jedoch das andere Teammitglied demotivieren.
Eine mögliche Aufgabe im Team: Projektmanagement.
Spezialist
Spezialisten bringen sich ins Team mit ihrem umfassenden Fachwissen ein, das immer auf dem neuesten Stand ist. Manchmal verlieren sie dabei die Fortschritte der anderen Teammitglieder aus dem Blick. Teamarbeit liegt ihnen am ehesten mit Fachkräften desselben Bereichs.
Eine mögliche Aufgabe im Team: Informationsvermittlung zu fachspezifischen Themen.
Kommunikationsorientierte Rollen
Unter Teamrollen nach Belbin haben Koordinatoren, Wegbereiter und Teamarbeiter ihre besondere Stärke in der zwischenmenschlichen Kommunikation.
Koordinator
Koordinator arbeitet zielorientiert, ist entschlussfreudig und fördert die Zusammenarbeit im gesamten Projekt-Team. Es fällt ihnen leicht, Verantwortung an Personen zu delegieren, die für eine Aufgabe die notwendigen Kompetenzen haben. In manchen Fällen kann der Koordinator jedoch manipulativ wirken.
Eine mögliche Aufgabe im Team: Teamleitung.
Wegbereiter (Resource Investigator)
Wegbereiter sind ausgezeichnete Netzwerker. In dieser Rolle legen sie die Weichen für neue geschäftliche Möglichkeiten und bauen Beziehungen zu internen sowie externen Kooperationspartnern auf. Die Begeisterung für neue Ideen kann dagegen schnell wieder nachlassen.
Eine mögliche Aufgabe im Team: Schnittstelle für Kunden und Dienstleistungsunternehmen.
Teamarbeiter
Teamarbeiter wissen, wie die einzelnen Mitglieder eines Teams optimal miteinander harmonieren. Durch ihre sensible, kooperative und diplomatische Art können sie Spannungen ausgleichen und die Kommunikation untereinander stärken. Ihre Schwäche: Sie überlassen Entscheidungen gerne anderen.
Eine mögliche Aufgabe im Teams: Moderation von Meetings.
Stärken und Schwächen der Teamrollen nach Belbin
Teamrollen nach Belbin sind ein Modell, also idealtypische Vorstellungen. Deshalb solltest du die Beschreibungen nicht als in Stein gemeißelt betrachten. Als ein Modell von vielen geben sie dir eine gute Orientierung, wie du dein Team vielfältig aufstellen kannst – auch wenn du bereits mehrere Teammitglieder hast.
Zu bedenken: Die Teamrollen nach Belbin bilden die komplexen Team-Prozesse und Dynamiken der Realität nicht ab. Zudem erfüllt in den seltensten Fällen eine Person genau eine Rolle. Persönlichkeitseigenschaften und Teamkompetenzen der einzelnen Mitglieder vermischen sich. Außerdem entwickeln sich Menschen weiter: Eine anfangs zugedachte Rolle passt möglicherweise nach einiger Zeit nicht mehr und sollte neu definiert werden.
Im Übrigen bestehen nur die wenigsten Teams aus exakt neun Personen – in vielen Fällen arbeiten kleinere Teams wesentlich effektiver. Dann übernimmt einzelne Teammitglied mehrere dieser Rollen. Je nach Aufgabe, Arbeitsumgebung und Gruppendynamik können auch zwei, drei oder vier Personen einer Kategorie notwendig sein, dafür dürfen andere Teamrollen fehlen. Die Teamarbeit in hybriden Teams erfordert beispielsweise mehr Koordination und Kommunikation. In kreativen Projekten ist mehr Innovation und Erfindergeist gefragt.
Was bedeutet das für dich als Führungskraft? Überlege dir, welche Teamrollen du für dein Team brauchst und wer die jeweiligen Aufgaben am besten erfüllen könnte. Besprich die Rollen mit deinen Teammitgliedern, um Erwartungen abzuklären und Vertrauen untereinander aufzubauen.
Praktische Tipps für die Umsetzung von Teamrollen im Team
Von der Theorie zur Praxis: Mit den nachfolgenden Tipps kannst du deine Teams optimal zusammensetzen, um das Beste aus den verschiedenen Teamrollen nach Belbin herauszuholen und so produktiver zu arbeiten.
Beim Recruiting
- Berücksichtige bei der Auswahl von Talenten, welche Arbeitsweisen sie bevorzugen und wie sie ins Team passen.
- Kommuniziere konkrete Anforderungen an die neue Position frühzeitig, um eventuell fehlende Teamrollen leichter zu besetzen.
Vor dem Start eines Projektes
- Analysiere, welche Teamrollen du benötigst: Können bestehende Mitglieder aus deinem Team diese Rollen erfüllen oder muss eine neue Person hinzustoßen?
- Sind die Teamrollen einmal verteilt, kommuniziere offen darüber, damit alle im Projekt Bescheid wissen.
Während des Projektes
- Fördere die Mitglieder deines Teams gezielt in ihren Rollen.
- Überprüfe die Aufteilung regelmäßig, damit du mögliche Lücken erkennst und entsprechend schließen kannst.
- Stelle deinen Teammitgliedern für ihre jeweiligen Rollen passende Tools zur Verfügung. So können sie ihre Arbeitsabläufe beschleunigen, über Updates informieren, Aufgaben planen und einfach miteinander kommunizieren.
Nach dem Projekt
- Nimm dir Zeit für ein Review des Projektes und analysiere – auch gemeinsam mit dem Team – wie das Zusammenspiel Modell der Teamrollen nach Belbin funktioniert hat.
- Gib deinen Teammitgliedern die Möglichkeit, ihre Wünsche zu äußern, welche Teamrollen sie im nächsten Projekt ausprobieren oder übernehmen möchten.
Die individuellen Stärken deiner Teammitglieder nutzen
So, wie im Fußball Stürmer, Verteidiger und Torhüter auf dem Platz stehen, erreicht ein Team mehr, wenn es heterogen aufgebaut ist. Die Teamrollen nach Belbin zeigen dir, welche Eigenschaften deine Teammitglieder haben sollten, damit das gesamte Team effizient und produktiv arbeiten kann. Zugleich können deine Mitarbeitenden ihre Rolle besser ausfüllen und mögliche Lücken abdecken, wenn sie sich dessen bewusst sind.
Erhalte noch mehr Tipps für die erfolgreiche Zusammenarbeit in Teams in unserer Themenübersicht rund um Teamspirit.